Ein übermütiger Zauberer – vom Gleißen tiefsitzender Unruhe bestäubt
Nach seinem viel beachteten Lyrik-Debüt spiel · ur · meere erscheint nach fünf Jahren Christian Schloyers zweiter Gedichtband. Die Kritik lobte seine „Traumtänze von beträchtlicher Anmut“ (FAZ, Heinrich Detering) und begeisterte sich für seine „metaphorisch erzeugten Schwebezustände“ und geschickt konterkarierten Romantikanklänge (FR, Michael Braun). All das zeigt sich in eindrucksvoller Weiterführung und neuer sprachmagischer Intensität im zweiten Band des Leonce- und Lena-Preisträgers.
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3 Gedichte aus panik · blüten (panik-blüten)
apokalypse herbstlich
ich sage wir · gehn hier keinen schritt mehr näher an das ufer wo die schiffrundfahrten immer schneller kreise ziehn · einen strudel der auch vor kindern keinen halt · sag ich zu den touristen die mit dem laub ins uferlose licht gespült · kaum mehr als lose haut mit licht gefüllt + äpfeln · treib ich mit den mücken in den strom verteilerdosen wie in einem traum
erste messung
25 meter hohe blüten vergleichbar mit 2 stunden flug in der höhen sonne, dieser frühling überschreitet die grenzwerte noch nicht in gesundheits gefährdenden dosen man kann draußen liegen sofern es der anstand zulässt man kann noch draußen liegen & sich gänsehaut leisten + leuchtspuren beobachten von fluggänsen die durch den kosmischen hintergrund strahlen wie nordlichter deren letzte flugroute hier mitten im funkverkehr abbricht
das fenster darf nicht geöffnet werden wegen brandüberschlag
die welt im ventilator rauschen + die hotelstaubsauger gehn hörn · wie abziehbildchen lauschen an der verkehrten wand · nicht hängen bleiben wolln · in einer blase zeit + raum · falln aus dem musealen rahmen · die zimmerfenster ein visueller druckausgleich, die dächer weisen keine lücken auf der himmel zieht vorbei · als hing er durch an einem faden · frühen nachmittag ganz ohne hilfestellung · träumst du von zahlen + figuren · + sehr verliebt sind wir wissen nicht in wen · sich noch der werbefrühling schleicht & was in diesem bild verlässlich bild ist könnte sein · dass alles viel zu leicht + viel zu fest ist · die welt an meine zunge ange- klebt · wie honig meine hand · sich auf die andre legt & sich erinnert · vage an ein du
Rezensionen
Christian Schloyer (…) ist ein übermütiger Zauberer, ein Spieler. (…) Der Spieler wendet sich in seinen schönsten Gedichten den realen Objekten zu, nämlich den Gemälden von Picasso, Franz Marc, Otto Dix und anderen; (…) der Artist zeigt sein ganzes Handwerkszeug, seine Tricks, seinen Zauberkasten vor, verleiht seinen Kunststücken ein gelegentlich modisches Aussehen, er zitiert und variiert viel Bildungswissen und gibt seinen Versen eine reiche formale Vielfalt.
Wulf Segebrecht, FAZ
Sein jüngster Gedichtband „panik · blüten“ (…) beweist, dass es Schloyer immer noch versteht, Sprachmysterien zu kreieren, die so betörend wie verstörend sind. Zwischen irisierenden Blüten filigraner Sprachgewächse sitzt die graue Panik des Einzelnen im Kollektiv und droht leise allgegenwärtig zu werden: 'wo alles so dicht wo alles so leer · vor den fenstern / nichts (als laternen) / lauert da draußen · mein banges lauschen'.
Yvonne Dauer, Bayernkurier
Auch in Schloyers neuem Band ist eine Affinität zu einigen schlegelianischen (…) Figuren und Einstellungen. Aber diese Bezüge stehen im neuen Band unter veränderten Vorzeichen und nicht immer dort, wo man sie vermuten würde. Die Blüte trägt noch den spielerisch schönen Charakter hinüber, aber vom Gleißen tiefsitzender Unruhe bestäubt. (…) Die panische Klammer, so scheint es, schließt sich von zwei Seiten: von der Überwältigung durch die zur Beliebigkeit tendierenden Optionalität des Subjekts und vom schwindelnden, schwindenden Vertrauen in die Technik, die die Landstriche beherrscht und sie in Richtung Landschaft sperrt.
Tobias Roth, www.fixpoetry.com/feuilleton/kritiken/christian-schloyer/panik-blueten